Die Gleichgültigen
werden diese Seite vermutlich nie anschauen.
Die Ungeduldigen
werden gleich zu den Regeln weiterklicken.
Die Neugierigen
werden diesen Artikel vielleicht mit Freude lesen.
An erster Stelle steht beim Boulespielen die Freude über das Kugelwerfen. Alles, was dann kommt, ist Nebensache – könnte man meinen. Doch plötzlich liegen Deine Kugel und die des Gegners beide direkt an der „Sau“, wie die Zielkugel beim Pétanque meist bezeichnet wird. Was nun? Wer hat den Punkt? Wer muss jetzt die nächste Kugel spielen?
Es ist klar: Diese Situation muss geklärt werden. Aber wie? Könnte man sich nicht „irgendwie einigen“? Das kannst Du zwar tatsächlich „irgendwie“ machen – allerdings war dann das, was Du da gerade mit Deinem Gegner ausgekungelt hast, nicht mehr Pétanque, sondern ein anderes Spiel mit Stahlkugeln, das Du Dir gerade ausgedacht hast.
Ja was? Geht das denn nicht? So oder ähnlich magst Du jetzt fragen.
Alles ist vorbereitet
Natürlich „geht das“ – aber beim Pétanque sind so gut wie alle Fälle und Eventualitäten bereits geregelt. Es besteht also gar kein Bedarf, sich etwas Eigenes auszudenken. Du wirst in den überall identischen, internationalen Bestimmungen natürlich auch eine gute Lösung für den gerade geschilderten Fall mit den beiden Kugeln an der Sau finden.
Ob Du Deine Kugeln in Brachttal, Berlin oder Benin wirfst: Die Regeln sind immer gleich. Ein „irgendwie“ gibt es da nicht. Es ist weder vorgesehen noch notwendig. Ist das nicht klasse!? Alles ist vorbereitet – Du musst es nur noch finden, lesen und verstehen.
Wo kommen die Regeln her?
Die bei uns gültigen Pétanque-Regeln sind eine Übersetzung des Originals, welches der Weltverband F.I.P.J.P. (Fédération Internationale de Pétanque et Jeu Provençal) beschlossen hat. Die deutsche Übersetzung erfolgte durch den Deutschen Pétanque-Verband e. V. (DPV), der ihr einige Zusätze und Erläuterungen hinzugefügt hat. Diese gelten nur im Bereich des DPV.
Allgemeines, Feines, Gemeines
Die offiziellen Pétanque-Regeln enthalten zum einen die grundsätzlichen Vorgaben zum Spielen: Dazu gehören beispielsweise die Spielformationen, die zulässigen Kugeln und der Ablauf des Spiels. Darüber hinaus erläutern sie aber eben auch viele Feinheiten, die so sonderbare Situationen klären, wie diese:
- Ein gut gelaunter Hund (gemeint ist ein Vierbeiner) schnappt übermütig nach einer geworfenen Kugel,
- eine dreckige Sau (siehe oben: die kleine Zielkugel aus Holz) nutzt den plötzlichen Sommerregenguss und schwimmt begeistert auf und davon oder
- es fällt von dieser wunderschönen, schattenspendenden Platane, unter der Du so gerne spielst, ein Blatt herab – und verdeckt die Zielkugel.
Wem kommen dabei nicht herrliche Erinnerungen an einen Frankreichurlaub ins Gedächtnis? Ein kleines Dorf, ein schöner, baumbestandener Platz, Menschen spielen Boule – und genau dort, auf den französischen Bouleplätzen dürften sich viele dieser kleinen „Lebenssachverhalte“ irgendwann einmal ereignet haben, um dann ins Regelwerk des Pétanque geschrieben zu werden.
Zu diesen Lebenssachverhalten gehören offenbar auch kleinere und größere Gaunereien, wie sie auch heute noch ab und zu auf den Bouleplätzen anzutreffen sind – und deshalb auch in den Regeln. Frage jetzt bitte nicht – nachdem Du interessiert den Artikel 2 Nr. 4 gelesen hast – wie man denn nun Quecksilber (neben Blei und Sand explizit erwähnt) in eine Kugel hineinbekommt. Damit bist du ganz schnell aus dem Spiel, die Strafen sind drakonisch.
Contenance!
Ebenfalls nicht im Sinne der Regeln ist der Versuch, Deine Ansichten zum Spiel mit Gewalt durchzusetzen. Ob gegen SpielerInnen oder Offizielle: Für Deine Boule-Karriere ist es keine gute Idee, auf oder neben dem Platz die Contenance zu verlieren. Schon Unkorrektheiten können mit Strafen belegt werden – aber nach einem Gewaltausbruch wirst Du Dich zumindest auf offiziellen Turnieren lange Zeit nicht mehr blicken lassen dürfen.
Für manche ist schon aus diesem Grund das Lesen der offiziellen Pétanque-Spielregeln eine Freude: Sie sind einfach spannend. Andere wiederum haben vielleicht Spaß an ausgefeilten Anleitungen: Sie werden in den Pétanque-Regeln eine überwiegend gut durchdachte Systematik entdecken.
Wieder andere werden das alles eher öde, spießig und vielleicht sogar uncool finden – und da wir ja alle ein wenig französisches laissez-faire mögen, ist das natürlich auch ok. Zumindest solange, bis diese sich gerne betont locker gebenden Menschen plötzlich mit ihren eigenen Regeln kommen und „irgendwie“ punkten wollen!
Die Richtigen, bitte!
Heute kann man fast alles im Internet finden. Man findet sogar manches, was man gar nicht finden will – zum Beispiel alte und somit nicht mehr gültige Pétanque-Regeln.
Tatsächlich wirft die Google-Suche – ich schrieb diesen Artikel am 1. Mai 2023 – Links zu diversen Versionen des Regelwerks aus:
- Die völlig veralteten Pétanque-Regeln vom 7. Oktober 2010 sind bei wikipedia.org im umfangreichen Artikel über Pétanque verlinkt (siehe dort: Fußnote 17) – die aktuellen jedoch nicht.
- Tante Google wirft im Mai 2023 den Link zum PDF auf der Website des DPV an prominenter Stelle (bei mir auf Platz 2 der Suchergebnisse) aus. Hinter dem Link stehen dann die nicht mehr gültigen Regeln vom 21. Januar 2017.
- Immerhin: Auch die aktuellen Spielregeln vom 10. Februar 2021 sind als Link, der auf die Website des DPV führt, zu finden – aber erst nach der veralteten Version. Wer das nicht bemerkt und auf den falschen Link klickt, wird die alten Regeln ziemlich sicher als aktuell einstufen.
So stößt man also immer wieder auf nicht mehr gültige Versionen – auch manche Webseiten von Bouleclubs leben diesbezüglich noch in der Vergangenheit und haben veraltete Versionen verlinkt. Deshalb: Nimm nicht die erstbesten Regeln, die Du gefunden hast, sondern schaue auf der extra eingerichteten Regelseite des DPV nach.¹ Dort werden zusätzlich zum aktuellen Regelwerk auch noch interessante Einzelfragen (Auslegungen) erklärt.
Fazit
Es ist auf jeden Fall gut zu wissen, wo Du die aktuelle Version der Pétanque-Regeln finden kannst. Die musst Du sicher nicht auswendig können, es lohnt sich aber auf jeden Fall, sie einmal angeschaut zu haben, denn einer der berühmten Brachttaler Leitsätze² lautet:
Erst Regelkenntnis und ‑beachtung führen zu einem fairen Spiel.
In Zweifelsfällen kann es hilfreich sein, wenn Du auf dem Platz einen Ausdruck der Bestimmungen dabei hast. Gerade wegen der Änderungen der Regeln ist es selbst bei „alten Hasen“ nie auszuschließen, dass sie sich irren – oder ganz bewusst Vorteile unter Missachtung des Regelwerks suchen.
Letzteres wird bei uns auf dem Boulodrome natürlich nie passieren. Der Punkt da hinten ist übrigens bei mir. Eindeutig!
1. Mai 2023 (fj)
Anmerkungen
¹ Weil es immer mal wieder neue Regeln geben kann, verlinken wir hier stets auf die Website des DPV – auf der die jeweils aktuellen Regeln zu finden sind – und nicht auf die Regeln selbst.
² Ehrlich und etwas verschämt räumt der Autor ein, dass es am 1. Mai 2023 nur einen Brachttaler Leitsatz gibt. Berühmtheit hat dieser bisher nicht erlangt – also weder der Autor noch der Leitsatz.
Eine einfache Anleitung
Du brauchst lediglich eine Übersicht und keine Details? Dann ist diese Anleitung auf spielanleitung.org für Dich ganz gut geeignet.
Die offiziellen Regeln (PDF)
Du willst das ganze Regelwerk lesen? Dann bist Du auf der Seite mit dem offiziellen Regelwerk des Deutschen Pétanque-Verband e. V. genau richtig. Dort kannst Du die aktuellen Regeln als PDF-Dokument herunterladen.
Das reicht Dir nicht?
Wahre Pétanque-Fans wollen natürlich noch mehr. Dafür gibt es auf der Website des Deutschen Pétanque-Verband e. V. zusätzlich zum aktuellen Regelwerk nicht nur diverse Auslegungen, sondern auch die originale französische und die englische Version.