Vorgelegt

ist eine lockere Textreihe, die sich ums Boulespiel dreht.

Die magische Macht des Montags

von | 7. Februar 2024

Dem Mon­tag sagt man beson­de­re Kräf­te nach. Eine magi­sche Macht wohnt ihm inne. Mon­tags­au­tos ken­nen wir alle. Das reicht Ihnen nicht als Beweis? Gut: Dann befra­gen Sie eine Eso­te­ri­ke­rin zur Magie des Mon­tags. Dazu suchen Sie aller­dings bes­ser einen Sitz­platz, um deren lan­ge Geschich­te vol­ler Mythen über­haupt durch­zu­ste­hen. Ohro­pax tut es auch. Wenn Sie es immer noch nicht glau­ben, dann lesen Sie die­se Kolum­ne zu Ende. Sie wer­den erken­nen, dass der Mon­tag tat­säch­lich eine Macht hat, die uner­klär­lich erscheint.

Jüngst über­leg­ten wir, den Sonn­tag zum zusätz­li­chen Spiel­tag zu ernen­nen. Die Aus­sicht dar­auf, an son­ni­gen Früh­lings­ta­gen bereits ab Mit­tag Kugeln aus­ge­ruht, ent­spannt und ohne All­tags­ge­döns wer­fen zu kön­nen, war ver­lo­ckend. Ein spon­ta­ner Test hat­te gute Reso­nanz gefun­den. Der Plan, so ein wöchent­li­ches Sonn­tags­tref­fen viel­leicht sogar mit ein paar medi­ter­ra­nen Genüs­sen kuli­na­ri­scher Art zu einem klei­nen Fes­ti­val wei­te­rer Sin­ne auf­zu­wer­ten, wur­de geschmie­det und kur­zer­hand beschlossen.

Als Fol­ge stan­den wei­te­re Ent­schei­dun­gen an: Wir kamen über­ein, dass es kei­ne gute Idee war, unse­ren bis­he­ri­gen, ange­stamm­ten Mon­tags­ter­min bei­zu­be­hal­ten. Der Grund dafür war ein­fach: Gleich nach einem sonn­täg­li­chen Fest der Biber­ons1 und Car­reaux, einem Stück Fou­gas­se2 mit Oli­ven, der lecke­ren Ecke einer selbst­ge­ba­cke­nen Quiche, dazu sor­ten­rei­nem Apfel­saft und viel­leicht sogar einem gewag­ten Schlück­chen Rosé aus dem Lub­é­ron3, da konn­te der Mon­tag nur ver­lie­ren. Kur­zer­hand wur­de er also abge­schafft, der Mon­tag. Als Spiel­tag. An sei­ner Stel­le wur­de der Mitt­woch als regel­mä­ßi­ger Ter­min bestimmt.

Der ers­te Sonn­tag kam näher. Wind und Regen waren ange­sagt – und so kam es auch. Die Boulis­tIn­nen ver­kro­chen sich unter Decken auf ihren Sofas und schal­te­ten die Fern­se­her an. Beim Betrach­ten der Fern­seh­bil­der von in Kunst­darm­pel­len geschos­se­nen Renn­rod­lern frag­ten sie sich, war­um eine Sport­art in epi­scher Län­ge im Fern­se­hen über­tra­gen wird, bei der man ent­we­der die Unter­schie­de der Zwi­schen­zei­ten im Bereich von hun­derts­tel Sekun­den in win­zi­gen Zif­fern vom Bild­schirm abliest und sofort wie­der ver­gisst oder – ohne Inter­es­se an Zah­len – ledig­lich auf umkip­pen­de Schlit­ten war­tet, so dass die leben­den Würs­te nun eben auf den eng sit­zen­den Pel­len ins Ziel rutschen.

Wäre da nicht eine hoch­klas­si­ge Par­tie Pétan­que mit Phil­lip­pe Quin­tais und Dylan Rocher gegen Ales­sio Coc­cio­li und Die­go Riz­zi weit­aus unterhaltsamer?

Die Tris­tesse des bou­le­frei­en Sonn­tags war groß. Hef­ti­ge Ent­zugs­er­schei­nun­gen mach­ten sich bereits beim Auf­wa­chen am Mon­tag­mor­gen bemerk­bar. Ein Blick auf die Wet­ter­vor­her­sa­ge des Deut­schen Wet­ter­diens­tes ver­hieß erneut nichts Gutes: Der nächs­te Spiel­tag, also der Mitt­woch, war mit so rie­si­gen dun­kel­blau­en Bal­ken – die ste­hen für schwe­re Nie­der­schlä­ge – geschmückt, dass Noah den Bau einer zwei­ten Arche geplant und zwei Dou­blet­ten an Bord genom­men hätte.

Aber was war das? In der Wet­ter-App blitz­te tat­säch­lich ein Son­nen­sym­bol auf! Am Mon­tag! Just in „unse­rem“ bis­he­ri­gen Nach­mit­tags­zeit­fens­ter bot der Mon­tag uns eine Spiel­mög­lich­keit an. Es fehl­te nur noch, dass statt des Son­nen­sym­bols eine Boule vom Him­mel strahlte.

Bis­her hat­te ich die­sen Eso­te­rik­kram immer belä­chelt. Viel­leicht soll­te ich das überdenken.

Pétanque: Regenszene

  1. Biber­on: Eine Kugel wur­de so an die Ziel­ku­gel gespielt, dass sich bei­de berüh­ren.
  2. Fou­gas­se: Das ist ein pro­ven­ça­li­sches Hefe­brot mit viel Oli­ven­öl und Kräu­tern der Pro­ven­çe, das es in diver­sen Varia­tio­nen gibt.
  3. Lub­é­ron: Die­se Gebirgs­ket­te mit wun­der­ba­ren klei­nen Orten, die alle noch wun­der­ba­re­re Boule­plät­ze haben, liegt zir­ka 70 km nörd­lich von Mar­seil­le.

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