Vorgelegt

ist eine lockere Textreihe, die sich ums Boulespiel dreht.

Festtagswünsche!

von | 23. Dezember 2023

Festtagswünsche!

Seit Sep­tem­ber – oder war es gar August – liegt in den Super­märk­ten Weih­nachts­ge­bäck aller Art aus. Hät­ten wir uns nicht bereits damals leb­ku­chen­müm­melnd ein „fro­hes Fest“ wün­schen kön­nen? Dann wäre das schon vor Mona­ten ele­gant abge­hakt gewe­sen. Ham­wer aber nicht – und so hört man den gan­zen Dezem­ber Fest­tags­wün­sche auf unse­rem Bou­lo­dro­me. Und schon vorher.

„Schö­ne Fei­er­ta­ge“, rief Karl in die Run­de, als er sich Ende Novem­ber nach eini­gen Spie­len ver­ab­schie­de­te. Die ver­wun­der­ten Bli­cke kom­men­tier­te er kurz ange­bun­den wie immer: „Kreuz­fahrt bis Anfang Janu­ar. Shuff­le­board statt Boule. Dann bis nächs­tes Jahr. Fro­he Weih­nach­ten!“ Ja, es ging früh los die­ses Jahr.

Drei Tage spä­ter mein­te Gud­run, uns bereits aufs neue Jahr vor­zu­be­rei­ten zu müs­sen. „Bei die­sem Wet­ter macht das ein­fach kei­nen Spaß. Ich kom­me erst im Früh­jahr wie­der“, erklär­te sie, und füg­te ein „Guten Rutsch!“ hin­zu, wäh­rend sie erkenn­bar unter dem viel zu dün­nen, aber recht schi­cken Jäck­chen bibberte.

Kurz­ent­schlos­sen leg­te Gui­do nach: „Ich besu­che mei­ne Onkel in Paler­mo“, weih­te er uns mit leicht ita­lie­ni­schem Akzent in sei­ne Dezem­ber­plä­ne ein und schwärm­te. „Weih­nach­ten auf Sici­lia, perfetto!“

„Nimmst Du die Boules mit?“, frag­te Mika. „Natür­lich nicht! Da gib­t’s nur die­se popo­glat­ten Boc­cia­plät­ze. Boc­cia ist ein Kul­ler­spiel! Wirfst du da ein Hoch­por­tée, dann erlebst du das Weih­nachts­fest in Beton­schu­hen auf dem Grund des Mit­tel­meers“, erwi­der­te Gui­do und ver­such­te dabei, mög­lichst ernst aus­zu­se­hen. „Naa, Späss­le! Ich brau­che drin­gend eine Pau­se vom Spiel.“

Eine Woche spä­ter war es bei Elke und Bernd soweit. Das Ehe­paar gab sei­ne Plä­ne bekannt, ein paar Tage Win­ter­cam­ping im Schwarz­wald zu machen. „Ver­bringt schö­ne Fei­er­ta­ge“, so ver­ab­schie­de­ten sie sich und stie­gen in ihr uraltes Wohnmobil.

Dann war Weih­nach­ten nur noch zwei Tage ent­fernt. Es hat­te vor­her viel gereg­net. Die Boules lagen nun schon eini­ge Zeit mug­ge­lig tro­cken in ihren Taschen, Kör­ben oder Kis­ten. Heu­te aber schau­te die Son­ne vor­wit­zig von Süden den Vogels­berg hin­auf. Dabei ent­deck­te sie auch unser Bou­lo­dro­me. Es war seit lan­gem mal wie­der ein hel­ler Tag. Der Platz lag wun­der­bar vor uns, frisch geharkt und noch leicht damp­fend. Hubert, Mika und ich rech­ne­ten aller­dings kaum damit, dass so kurz vor Weih­nach­ten über­haupt zwei Dou­blet­ten zusam­men kom­men würden.

Plötz­lich kam Karl um die Ecke. „Nanu, ist das Schiff gesun­ken?“, frag­te Hubert. „Coro­na an Bord. Ging nur bis Oslo“, erwi­der­te der ver­hin­der­te Kreuz­fah­rer. „War all die Tage see­krank. Geht aber wieder.“

Nach einem Blick in unse­re klei­ne Run­de füg­te er hin­zu: „Passt ja genau! Lasst uns spie­len. Shuff­le­board ist echt langweilig.“

PCBB: Weihnachtswünsche 2023

Also wur­den die Kugeln aus­ge­packt. Dann ver­blüff­te Bli­cke. Alle sahen zum Auto, das gera­de ange­kom­men war. Gui­do stieg aus. „Nix Ita­lia?“, frag­te eine Stim­me aus dem Gebüsch. Bernd? Tat­säch­lich Bernd! „Nix Schwarz­wald?“, echo­te Mika. Neben dem wun­der­ba­ren Son­nen­schein lag auch spür­ba­re Ver­wir­rung über dem Platz. „Wo kommt ihr denn her, Elke?“, woll­te Hubert von der Frau wis­sen, die da gera­de hin­ter Bernd den Abhang hinunterkletterte.

Es stell­te sich her­aus, dass der Cam­per von Elke und Bernd einen Achs­scha­den hat­te. So waren die bei­den nicht mal über Hain-Gründau hin­aus­ge­kom­men. Not­ge­drun­gen konn­ten sie nun also nicht mehr zum Bou­lo­dro­me fah­ren – und ihr fuß­läu­fi­ges Auf­tau­chen aus einer unge­wohn­ten Rich­tung hat­te wirk­lich nie­mand erwartet.

Gui­do dage­gen war immer­hin schon fast rich­tig unter­wegs nach Süden, als er um Karls­ru­he her­um einen Anruf von Julia bekom­men hat­te, die ihn zum Abend­essen ein­la­den woll­te. Kurz­ent­schlos­sen kehr­te Gui­do um, wie er uns mit ver­zückt ver­dreh­ten Augen erklär­te. „Julia! Fina­le­men­te!“, seufz­te er entrückt.

„Fehlt nur noch Gud­run“, sag­te Hubert, der gegen die Son­ne blin­zel­te. Wer war die Per­son, die mit dicker Jacke, einem ellen­lan­gen Schal und rie­si­ger Pudel­müt­ze um die Ecke kam? „Gud­run?“

„Mei­ne Kin­der haben mir die Geschen­ke schon letz­te Woche gege­ben, weil mir so kalt war“, erklär­te die fast unkennt­lich ver­mumm­te Frau mit Gud­runs unver­kenn­ba­rer Stim­me. „Ich dach­te, ich könn­te die Sachen mal aus­pro­bie­ren. Mensch, ist das warm heute!“

So wur­den aus einem nicht voll­stän­di­gen Dou­blette­spiel an die­sem Tag dann doch vier Teams. Die Son­ne ließ die Kugeln blit­zen, das wei­ße Cochon­net strahl­te auf dem dunk­len Basaltplatz.

Als es dun­kel und etwas käl­ter wur­de, freu­te sich Gud­run end­lich über die Wär­me ihrer Jacke. Gui­do dach­te wei­ter­hin mehr an Julia als dar­an, ans Schwein­chen zu legen. Bernd war sich mit sich selbst einig dar­über, dass Boule­spie­len mit Freun­den weit­aus bes­ser war, als nachts über einen dunk­len Cam­ping­platz zur Toi­let­te zu stol­pern. Elke schoss so gut wie immer.

PCBB: Weihnachtswünsche 2023

Karl hol­te nach den Spie­len eine Packung Leb­ku­chen aus sei­ner Tasche. Alle müm­mel­ten glück­lich an dem Gebäck. Das war so tro­cken, dass es bereits im Juli gekauft sein muss­te. Nie­mand muss­te es aus­spre­chen: Es war schön, hier zu sein. 

„Fro­he Weih­nach­ten“, mein­te Karl, als er sei­ne Kugeln ein­pack­te. „Und guten Rutsch!“, rief Gud­run. Sie zog ihre Müt­ze ein wenig tie­fer und wickel­te den lan­gen Schal noch enger um den Hals. „Es soll viel­leicht Schnee geben. Spie­len wir zwi­schen den Jahren?“

Der Pétan­que-Club Bou­lo­dro­me Bracht­tal wünscht allen fried­li­che Festtage.

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