Die ersten Schiedsrichter auf deutschen Bouleplätzen tauchten vor mehr als 30 Jahren auf. Sie wurden damals noch belächelt, wenn sie betont würdevoll in weißen Socken und Sandalen um ein Terrain stolzierten. Heute gehören sie wie selbstverständlich zum Bild eines jeden offiziellen Turniers – und das ist gut so. Allerdings stehen sie bei uns doch sehr im Hintergrund. Meist werden sie nur von SpielerInnen zum Messen gerufen, wie auf dem Foto zu sehen. Regelverstöße lassen sie erstaunlich oft ungeahndet.
In Frankreich dagegen gibt es eine viel größere Präsenz der gestreiften Regelhüter. Der Star unter den „Arbitres“ ist Patrick Grignon, der seit mehr als 40 Jahren als Schiedsrichter fungiert. War er früher vermutlich nur in Frankreich bekannt, so kennt man ihn heute durch die Fernsehübertragungen weltweit.
Sein Charisma und seine Autorität, wenn er mit verschränkten Armen und unbewegter Miene neben dem Platz den Stars des Pétanque auf Finger und Füße schaut, sind immens. Hinsichtlich seiner Ausstrahlung kann man ihn als den Pierluigi Collina des Pétanque bezeichnen – wenngleich die Anforderungen beim Spiel mit den Stahlkugeln anders sind als beim Fußball.
Orangefarbene Karten
Apropos Fußball: Auch im Pétanque werden seit Jahren Karten verteilt. Zur gelben (Verwarnung) und roten Karte (Disqualifikation) kommt hier aber noch eine orangefarbene hinzu. Wird diese aufgrund eines wiederholten Regelverstoßes gezeigt, hat das zur Folge, dass eine Kugel annulliert wird.
So war es dieses Jahr beim weltgrößten Turnier in Marseille ein bemerkenswerter Moment, als Grignon einem der alten Superstars des Pétanque, Marco Foyot, eine Kugel aus der Hand nahm, die dieser gerade spielen wollte. Foyot schaute ziemlich belämmert aus dem Trikot, als er nun eine Boule weniger spielen durfte.
Nicht in Brachttal!
Natürlich gibt es so etwas beim freundschaftlichen Boulen, wie wir es bei uns in Brachttal betreiben, nicht mal ansatzweise. Wir haben natürlich keine Schiedsrichter. In Zweifelsfällen einigen wir uns sehr einvernehmlich auf Problemlösungen – aber es steht meist jemand auf dem Platz, der sich mit den Regeln etwas besser auskennt und gefragt werden kann.
Juli 2023, Tromm, DM Doublette Mixte
Ausprobieren
Wer mehr über diese Leitlinien des gepflegten Kugelwerfens wissen möchte, beispielsweise wie schwer eine Kugel sein darf, was die maximale und kürzeste zulässige Spieldistanz ist oder was passiert, wenn man versehentlich eine bereits gespielte Kugel verschiebt, kann all das an unseren Spieltagen herausfinden.
Soviel kann schon mal verraten werden: Ein Spiel kann durchaus 90 Minuten dauern. Also: Zeit einplanen! Eigene Kugeln braucht man dagegen nicht mitzubringen. Die liegen bei uns für Gäste auf dem Platz und können ausgeliehen werden.
Ob aber mit eigenen oder geliehenen Kugeln: Während eines Spiels sollte man die Boules nicht verschieben – auch wenn’s dafür bei uns keine Karte gibt wie für Marco Foyot in Marseille. Damit es aber für Neulinge nicht zu einfach wird: Foyot wurde tatsächlich – ganz regelkonform – nicht fürs versehentliche Verschieben einer Kugel sanktioniert, sondern für das Zurücklegen derselben.
Wer jetzt nicht neugierig geworden ist, warum das so war, wird eher Boule als Pétanque spielen – und Schiedsrichter ablehnen. Völlig zu Unrecht.